Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 92 / IX / 2019

ZUR KARTIERUNG DER RÖMERZEITLICHEN FUNDSTELLEN IM BEZIRK MURAU

Im Zuge der Lehrveranstaltung „Die römische Besiedlung der Steiermark. Mit einer Einführung in die Grundlagen der Kartenerstellung“ [1] an der Universität Graz beschäftigte ich mich mit den römischen Fundstellen im Bezirk Murau. Bei der Recherche stützte ich mich hauptsächlich auf die Fundberichte aus Österreich, herausgegeben durch das Bundesdenkmalamt, aber auch auf weitere Fachliteratur, beispielsweise von S. Lamm und P. Marko [2] oder H. Vrabec [3]. Für einen ersten Einblick war zudem das Kapitel zur Römerzeit von U. Steinklauber [4] in der Publikation „Urgeschichte und Römerzeit in der Steiermark“ sehr hilfreich.
Abgesehen von einigen Ausnahmen an der südöstlichen Bezirksgrenze bzw. Landesgrenze zu Kärnten liegen die meisten römerzeitlichen Fundstellen des Bezirkes Murau an der Mur aufgereiht, die den gesamten Bezirk in West-Ost-Richtung durchquert. Allgemein kann von einer Fundstellenverdichtung entlang der Flüsse gesprochen werden. Auffällig ist auch die häufige Lage der Fundplätze an den Flussmündungen diverser Nebenflüsse in die Mur. Aus den gebirgigen Gebieten des Bezirks, z.B. dem nördlichen Bereich der Niederen Tauern und den Gurktaler Alpen im Süden und Westen, sind bislang keine Funde bekannt.


Gräber stellen im Bezirk Murau relativ gesehen die häufigste Fundstellenkategorie dar. So kamen zum Beispiel im Zuge der Umbauarbeiten der damaligen Hauptschule von St. Lorenzen bei Scheifling (heute NMS Scheifling) in den 1970er-Jahren Gräber zum Vorschein, darunter Flach- und Kammergräber bzw. Brand- und Körperbestattungen.[5] In Sankt Marein bei Neumarkt wurde ein Brandgrab mit diversen Beigaben wie Balsamfläschchen und einer Fibel freigelegt.[6] Erwähnenswert ist auch der Fundort Triebendorf, von dem ein Grab mit zwei Aschenurnen und einem Kindersarkophag bekannt ist.[7]
Siedlungsbefunde in Form von erhaltenen Mauerresten sind im Bezirk Murau sehr selten. Daher kommt dem Fundort Katsch eine besondere Bedeutung zu, wo Mauern von mehreren Gebäuden nachgewiesen wurden.[8] In unmittelbarer Nähe befindet sich das Gräberfeld Katsch, welches mit den Siedlungsresten in Verbindung gebracht werden kann.[9] An (einigermaßen gesicherten) Siedlungsbefunden ist ansonsten nur eine von D. Kramer [10] beobachtete römische Villa bei Murau St. Egidi zu nennen. Mit dem Puxer Luegg (auch Puxerloch) ist für zumindest eine Höhle im Bezirk Murau eine römerzeitliche Nutzung nachgewiesen.[11]
Hinweise auf römische Straßen sind in Murau an mehreren Stellen greifbar. In Stadl an der Mur fand man einen Meilenstein, der die Straßenverbindung zwischen Virunum und Iuvavum bezeugt.[12] In Frojach konnten Teile der römischen Murtalstraße nachgewiesen werden.[13] Von herausragender Bedeutung sind die Befunde in Wildbad Einöd, die als die Straßenstation Noreia gedeutet werden.[14] Hier stehen Siedlungsbefunde und römische Straße in direktem Zusammenhang, es handelt sich um die bislang einzig sichere archäologisch fassbare statio der Steiermark. Ein Zusammenhang mit römerzeitlichen Gräbern in unmittelbarer Nähe ist anzunehmen.[15]
Streufunde sind aus Noreia [16] und St. Veit in der Gegend bekannt.[17] Andere Fundstellenkategorien, wie Depotfunde, Hinweise auf Kult oder Militär liegen aus dem Bezirk Murau bis jetzt nicht vor.
Während der Recherche erwies sich vor allem die genaue Lokalisierung der Fundstellen als Problem. Vor allem bei älteren Fundnachrichten fehlen genaue Angaben, beispielsweise Grundstücksnummern. Auch haben sich die Nummern durch Grundstücksteilungen bzw. Zusammenlegungen oft im Laufe der Zeit verändert. Auch bei Angaben wie z.B. „beim Gut Mooshof“ [18] sind die genauen Koordinaten schwer festzustellen, da viele dieser Gebäude nicht mehr bzw. nicht mehr unter diesem Namen existieren. Die Fundberichte aus Österreich liefern dagegen – von den ältesten Jahrgängen abgesehen – verlässlich die Grundstücksnummern.

Literatur
Ehrenreich 1993
S. Ehrenreich, Das Gräberfeld von Katsch in der Steiermark. Neuaufnahme der Funde, FÖ 32, 1993, 9–40.
Fuchs 1992
G. Fuchs, Zur Nutzung der steirischen Höhlen in der Römerzeit, FÖ 31, 1992, 374–379.
Glaser 2014
F. Glaser, Die Straßenstationen Candalicae und Noreia, Rudolfinum 2014, 157–187.
Hebert 1991
B. Hebert, KG Noreia, OG Mühlen, VB Murau, FÖ 30, 1991, 310.
Hebert 1994
B. Hebert, Eine römische Bronzekanne aus dem Moor in Pörtschach (Bezirk Neumarkt in Steiermark), Blätter für Heimatkunde 68, 1/2, 1994, 119–121.
Kramer 1977
D. Kramer, St. Lorenzen bei Scheifling, Gem. St. Lorenzen bei Scheifling, BH Murau, FÖ 16, 1977, 444–446.
Lamm – Marko 2012
S. Lamm – P. Marko, Römerzeitliche Villen in der Steiermark, SchvSt 25, Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark 58, 2012, 24–41.
Lehner 2009
M. Lehner, Binnennoricum – Karantanien zwischen Römerzeit und Hochmittelalter. Ein Beitrag zur Frage von Ortskontinuität und Ortsdiskontinuität aus archäologischer Sicht (Habilitationsschrift Graz 2009).
Schachinger 2006
U. Schachinger, Der antike Münzumlauf in der Steiermark, Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark 49, Denkschriften Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse 341, Veröffentlichungen der Numismatischen Kommission 43 (Wien 2006).
Schmid 1932
W. Schmid, Die römische Poststation Noreia in Einöd, ÖJh 27, 1932, Beibl. 193–222.
Schmid 1946–1950
Schmid in St. Marein bei Neumarkt, BH Murau, FÖ 5, 1946–1950, 127–128.
Steinklauber 2018
U. Steinklauber, Römerzeit (und Spätantike) – von der Zeitenwende bis ins 5. Jahrhundert, in: B. Hebert (Hrsg.), Urgeschichte und Römerzeit in der Steiermark, Geschichte der Steiermark 1 2(Wien - Köln - Weimar 2018) 701–807.
Vrabec 2018
H. Vrabec, Der Grabbezirk von Scheiben bei St. Georgen ob Judenburg. Die Ergebnisse der Grabungen 2014/2015 und deren Aussagekraft für die römerzeitliche Besiedlung der Region (Masterarbeit Graz 2018).

[1] s. Koch – Lehner in der vorliegenden Ausgabe.
[2] Lamm – Marko 2012.
[3] Vrabec 2018.
[4] Steinklauber 2018.
[5] Kramer 1977, 444–446.
[6] Schmid 1946–1950.
[7] Schachinger 2006, 87.
[8] Lamm – Marko 2012, 24–27.
[9] Ehrenreich 1993.
[10] Vgl. Lehner 2009, 178.
[11] Fuchs 1992, 374–379.
[12] Steinklauber 2018, 710.
[13] Steinklauber 2018, 711.
[14] Steinklauber 2018, 710; Schmid 1932.
[15] Vgl. Glaser 2014.
[16] KG Noreia, nicht zu verwechseln mit der eben genannten Straßenstation in Wildbad Einöd.
[17] Es handelt sich um Keramik (Noreia) bzw. eine Bronzekanne (St. Veit). s. Hebert 1991; Hebert 1994; vgl. Vrabec 2018, 110–111.
[18] Vgl. Schmid 1946–1950.

© Kerstin Papf
e-mail: kerstin.papf@edu.uni-graz.at

This article should be cited like this: K. Papf, Zur Kartierung der römerzeitlichen Fundstellen im Bezirk Murau, Forum Archaeologiae 92/IX/2019 (http://farch.net).



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