Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 13 / XII / 1999 |
Das östliche Gräberfeld ist seit der Aufschließung der Gründe südlich des Bahnhofes um 1890 bekannt geworden (Abb. 1, 1). Es liegt entlang der römischen Ost-West Straße, die unter der Salzburger, der Eisenhower- und der Dr.-Groß-Straße zu suchen ist. Richtung Norden erstreckt sich der Bestattungsplatz mit vereinzelten Gräbern bis zum Grünbachplatz und zur Eferdinger Straße. Südliche der Dr.-Groß-Straße können als Grenzen des geschlossenen Gräberfeldes die Magazinstraße, die Maximilianstraße und die Roseggerstraße angenommen werden. Nur entlang der Alois-Auer-Straße stößt das Gräberfeld nachweisbar weiter nach Süden vor [2].
Abb. 1: Die Gräberfelder von Wels
1: Gräberfeld Ost, 2: Gräberfeld West, 3: Gräberfeld Marktgelände, 4: Gräberfeld Mitte, 5: Gräbergruppe Nordwest, 6: Gräbergruppe Aschet, 7: Gräbergruppe Nord, 8: Stadtmauerrest, Minoritenkirche, 9: Stadtplatz 43-44, 10: Schmidtgasse 24, 11: Stadtmauer
(nach R. Miglbauer, Zur Topographie von Ovilavis in der mittleren und späten Kaiserzeit, MMVLaur 32, 1994, Abb. 1)
Brandgrab 19 (Abb. 5) in der Dr.-Schauer-Straße zeigt als Beigaben ein Terrakottapferd, eine kleine Firmalampe des Festus und einen gelbtonigen Teller mit rotem Überzug [15]. Man kann annehmen, daß die in Wels lebende Bevölkerung an ein Weiterleben nach dem Tod geglaubt hat. Der Verstorbene benötigte daher im Jenseits ähnliche Dinge wie zu seinen Lebzeiten. "Möglicherweise wurden dem Verstorbenen auch Nachbildungen von Tieren in Ton als Substitut für die Opferung lebender Tiere, die seinen Besitzstand ausmachen, seinen Lebensunterhalt sicherten, deren Dienstleistungen er bedurfte oder deren er sich eng verbunden fühlte, (...), mitgegeben. [16]" Das Pferd im Besonderen mag aber auch als Begleiter ins Jenseits oder als Symbol für die Heroisierung des Verstorbenen gedacht gewesen sein.
Die jüngste und zugleich am reichsten ausgestattete Bestattung stellt sich uns in Grab 21 (Dr.-Schauer-Straße, Abb. 6) dar. An Beigaben enthielt dieses Körpergrab eine silberne Haarnadel mit rundem Schaft und abgerundet doppelkonischem Kopf. Ähnliche Schmuckobjekte finden sich z. B. in den spätantiken Gräberfeldern von Bregenz und Lauriacum [17]. Aber auch Geräte, die in den kosmetischen Bereich zu zählen sind, durften bei der Ausstattung dieser sicherlich begüterten Verstorbenen nicht fehlen. Hierzu gehört eine bronzene Löffelsonde, eine auf allen Seiten abgeschrägte Reibpalette (7,4 x 5,8 cm) und mehrere Kreidestücke. Vergleichbare Grabzusammenhänge mit dieser Kombination finden sich in vielen mittel- und spätkaiserzeitlichen Gräberfeldern [18].
[1] Dem vorliegenden Bericht liegt die im März 1999 an der Universität Wien eingereichte Diplomarbeit der Verf. zugrunde. Die besprochenen Grabbeigaben befinden sich größtenteils im Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien, der Rest ist in der Schausammlung des Stadtmuseums Wels ausgestellt.
[2] G. Trathnigg, Das östliche Gräberfeld von Wels, JbWels 7, 1960, 14ff. K. Holter - G. Trathnigg, Wels von der Urzeit bis zur Gegenwart, JbWels 25, 1984/85, 37.
[3] G. Trathnigg, 8. Fundbericht Dr.-Groß-Straße, Fernheizstranglegung, JbWels 8, 1961/62, 16ff. Bei allen erwähnten Fundkomplexen wurden die Bezeichnungen von G. Trathnigg übernommen.
[4] G. Trathnigg, 1. Dr.-Schauer-Straße, JbWels 9, 1962/63, 13ff.
[5] (Erhaltene Höhe: 3,9 cm) V. Gassner, Feinware aus Carnuntum. Funde von den Grabungen auf den "Mühläckern" 1978 - 1988, CarnJb 1990, 257; N. Lamboglia, Rezension zu Ch. Simonett, Tessiner Gräberfelder, Monographien zur Ur- und Frühgeschichte der Schweiz, 3 (1941) RStLig 9, 1943, 163ff.
[6] (Länge: 7,8 cm) J. Garbsch, Die norisch-pannonische Frauentracht im 1. und 2. Jahrhundert, Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 11 (1965), 39. 78 Abb. 41.
[7] (Länge 9,2 cm) E. Alram-Stern, Die römischen Lampen aus Carnuntum, RLÖ 35 (1989) 76.
[8] Teller: Randdurchmesser: 15,4 - 20 cm; Knickwandschüssel: Randdurchmesser: 14 cm.
[9] Urne: rekonstruierte Höhe: 28,7 cm; Deckel: Randdurchmesser 23,8 cm., rekonstruierte Höhe: 9 cm.
[10] (Rekonstruierte Höhe: 12 cm) C. Isings, Roman Glass from Dated Finds (1957) 97ff.
[11] (Erhaltene Höhe: 6 cm) E. Welker, Die römischen Gläser von Nida-Heddernheim, Schriften des Frankfurter Museums für Vor- und Frühgeschichte 3 (1974) 93ff. mit Taf. 14, 216.
[12] Becher: erhaltene Höhe: 6,5 cm. Da das Bernsteingefäß in stark zerstörtem Zustand vorliegt, konnte seine Form nicht genau rekonstruiert werden.
[13] Verulamium: S. Frere, Verulamium Excavations I. Reports of the Research Commitee of the Society of the Antiquaries of London 28 (1972) 150 mit Abb. 54, 196. Vitudurum: St. Martin-Kilcher, Funde aus Holz, Leder, Bein, Gewebe, Beiträge zum römischen Oberwinterthur - Vitudurum 5 (1991) 64 Taf. 26, 13-15. Mainz-Weisenau: H. Mikler, Die römischen Funde aus Bein im Landesmuseum Mainz, Monographies Instrumentum 1 (1997) Taf. 39, 1. P. T. Keßler, Ein frührömisches Brandgrab aus Weisenau bei Mainz, Germania 11, 1928, 44ff. mit Abb. 5, 4. Emona: S. Petru, Emonske nekropole, Catalogi et Monographiae 7 (1972) Taf. 4, 1(Grab 29); 24, 30 (Grab 239); 40, 6 8 (Grab 622); 57, 26 (Grab 831).
[14] L. Plesnicar-Gec, The Northern Necropolis of Emona, Catalogi et Monographiae 8 (1972) Taf. 75, 5 (Grab 274). Spätrömische Spinnrocken wurden oft aus Elfenbein, Gagat und Bernstein hergestellt und haben ein anderes Aussehen (R. Gottschalk, Ein spätrömischer Spinnrocken aus Elfenbein, AKorrbl 26, 1996, 483ff.).
[15] Pferd: Länge: 7,9 cm; Lampe: Länge: 7 cm; Teller: Höhe: 2,1 cm, Randdurchmesser: 16 cm.
[16] H. Lange, Terrakotten aus Töpfereien in Raetien und Noricum, BayVgBl 57, 1992, 176. Ähnlich auch bei: P. Fasold, Terrakotten - Devotionalien aus Ton, in: M. Petzet (Hrsg.), Die Römer in Schwaben, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Arbeitsheft 27 (1985) 236.
[17] Bregenz: M. Konrad, Das römische Gräberfeld von Bregenz - Brigantium. I. Die Körpergräber des 3. bis 5. Jhs., Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 51 (1997) Taf. 33 C 5 (Grab 550). Lauriacum: Ä. Kloiber, Die Gräberfelder von Lauriacum. Das Espelmayerfeld, FiL 8 (1962) Taf. 13, 11 (Grab 16 a); 19, 3 (Grab 62 l, alt).
[18] Salzburg, Maxglan: E. Künzl, Medizinische Instrumente aus Sepulkralfunden der römischen Kaiserzeit, BJb 182, 1982, 115 mit Abb. 90, 3. 4. Köln, Friesenplatz: D. von Boeselager, Die Beigabenkombination reicher Brandgräber in Köln, in: M. Struck (Hrsg.), Römerzeitliche Gräber als Quellen zu Religion, Bevölkerungsstruktur und Sozialgeschichte, Archäologische Schriften des Instituts für Vor- und Frühgeschichte der Johannes Gutenberg-Univerisität Mainz 3 (1993) 283ff. mit Abb. 3, 5. 9. Frankfurt a. Main, Praunheim: K. Woelcke, Ein bronzenes Schminkkästchen aus einem römischen Skelettgrab von Frankfurt a. M.-Praunheim, Germania 15, 1931, 36ff.
[19] Nida-Heddernheim: J. Obmann, Die römischen Funde aus Bein von Nida-Heddernheim, Schriften des Frankfurter Museums für Vor- und Frühgeschichte 13 (1997) Taf. 14, 164. 165. Warf Eenum: P. la Baume, Römisches Kunstgewerbe zwischen Christi Geburt und 400 (1964) Abb. 154.
[20] H. Sobel, Römische Arzneikästchen, SaalbJb 46, 1991, 121.
[21] M. Riedel, Die Grabung 1974 im römischen Gräberfeld an der Luxemburger Straße, KölnJbVFrühGesch 17, 1980, 92ff. bes. 123 mit Abb. 33 A 1 (Grab 54).
[22] Köln: B. Päffgen, Die Ausgrabungen in St. Severin in Köln, Kölner Forschungen 5 (1992) Taf. 22, 1 (Grab I, 71). Augst: F. Hoek-Bruder, Ein aufschlußreicher Keller in Augusta Raurica (Flur Obermühle), in: R. Ebersbach - A. R. Furger (Hrsg.), Mille Fiori, Forschungen in Augst 25 (1998) 67ff. bes. 72f. mit Abb. 4.
[23] Die sog. Merkurflaschen der Form Isings 84 lassen sich vom 1. bis zum 4. Jh. n.Chr. verfolgen. B. Rütti, Die römischen Gläser aus Augst und Kaiseraugst, Forschungen in Augst 13 (1991) 54. Isings a. O. 100f. Die kleine Variante der Bocksbeutelflasche (Höhe: 10,2 cm ) ist z.B. in Nimes (M. Sternini, La verrierie Romaine du musee archeologique de Nimes. 1ère partie, Cahiers des musees et monuments de Nimes 8 [1990] Taf. 37, 213.) und Köln (F. Fremersdorf - E. Fremersdorf-Polónyi, Die farblosen Gläser der Frühzeit in Köln. 2. und 3. Jh. n. Chr. Die Denkmäler des Römischen Köln 9 [1984] 51f. Kat.Nr. 125) in Fundzusammenhängen, die in die Mitte des 3. Jhs. bis zur Mitte des 4. Jhs. n.Chr. reichen, zu finden.
[24] Becher der Form Isings 85b (rekonstruierte Höhe: 7,3 cm) sind ab dem späten 2. Jh. bis ins 3. Jh. n.Chr. gut belegt. (Isings a. O. 102ff.). Trichterhalsflaschen der Form Isings 104b (erhaltene Höhe: 7,8/ 6,2 cm) finden sich ab der zweiten Hälfte des 3. Jhs. und bleiben bis weit ins 4. Jh. n.Chr. in Gebrauch (Isings a. O. 124f.).
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This article will be quoted by S. Jäger-Wersonig, Das östliche Gräberfeld von Wels, Forum Archaeologiae 13/XII/99 (http://farch.net).