Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 94 / III / 2020 |
Seit 2015 forscht die Universität Graz (unter der Leitung von Manfred Lehner) auf dem 1445m hohen Plateauberg, der etwa 15km von der steirischen Landeshauptstadt entfernt ist. Neben einem ausgedehnten Survey, erbrachten vor allem die Grabungskampagnen der Jahre 2016–2019 Aufschluss über die römischen Aktivitäten im östlichen Gipfelbereich des markanten Inselberges. Darüber hinaus konnten auch Hinweise auf eine prähistorische Nutzung des Areals gewonnen werden.
An einer weiteren Grabungsstelle, nur 30m östlich davon, wurden die Grundmauern eines ca. 10x11m großen Sakralgebäudes aufgedeckt (Abb.), das trotz eines schlechten Erhaltungszustandes im Mauerbefund, gut datierbares Fundmaterial enthielt. So konnte nachgewiesen werden, dass der Schöckl bereits ab flavischer Zeit eine intensive Frequentierung erfuhr, bevor frühestens am Ende des 2. oder beginnenden 3. Jahrhunderts n.Chr. ein Bauwerk errichtet wurde, das mit aufwendigen Wandmalereien versehen war. Zahlreiche Fragmente beweisen, dass das Bildprogramm der Innendekoration auch megalografische Elemente beinhaltete. Aufgrund der in diesem Bereich aufgefundenen Weihegaben ist eine kultische Verehrung bis in konstantinische Zeit fassbar. Nach der Aufgabe des Heiligtums dürfte relativ bald eine Beraubung des sakralen Gebäudes erfolgt sein.
© Robert Pritz, Manfred Lehner
Die sich auf einer Fläche von mindestens zwei ha erstreckende Fundstelle, befindet sich im Bereich des Ostgipfels (1422 m ü.M.), der von mehreren natürlichen Karsteinbrüchen (Dolinen) und einer Schachthöhle geprägt ist. Diese Naturerscheinungen dürften maßgeblich die Wahl des Kultplatzes beeinflusst haben. In mindestens einem Fall nämlich, konnte im Vorfeld einer Doline ein Weiheplatz archäologisch nachgewiesen werden. Neben den typischen Votivgaben wie etwa Statuetten aus Blei oder Ton wurden vor allem Schmuckgegenstände und Münzen geweiht. Besonders auffallend ist die verhältnismäßig hohe Anzahl an wohl absichtlich zerschlagenen Glasarmreifen sowie Glasperlen, die ursprünglich zu Halsketten gehörten. Die stark weibliche Komponente des Fundplatzes wird auch durch Fragmente von Pfeifentonstatuetten, die sitzende Muttergottheiten darstellten, unterstrichen. Der zeitliche Schwerpunkt dieser Aktivitätszone liegt in der zweiten Hälfte des 3. – zur Mitte des 4. Jahrhunderts n.Chr.
Mangels jeglicher epigraphischer Evidenz bleiben noch viele Fragen unbeantwortet. Unklar ist welcher Gott/ welche Gottheiten hier verehrt wurden, aber auch welcher Personenkreis dieses durchaus kostspielige „Gipfelprojekt“ finanzierte. Das Höhenheiligtum am Schöckl bildet jedenfalls einen wichtigen Bezugspunkt, der die Besiedelung des nördlichen Grazer Raumes in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt.
e-mail: robert.pritz@uni-graz.at, manfred.lehner@uni-graz.at
This article should be cited like this: R. Pritz – M. Lehner, Das römische Höhenheiligtum am Schöckl bei Graz, Forum Archaeologiae 94/III/2020 (http://farch.net).