Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 70 / III / 2014 |
Die antike Befestigung der nordostarkadischen Polis Pheneos ist das Hauptthema einer Forschungskooperation der 37. Ephorie für Klassische und prähistorische Altertümer Korinth und der Universität Graz (Zentrum Antike und Institut für Archäologie) unter der Leitung von Konstantin Kissas und Peter Scherrer. Pausanias (8.14.4) berichtet, dass die Pheneaten eine steile Akropolis hätten, die sie nur partiell befestigen mussten. Tatsächlich ist ein Mauerzug auch nur an der Nordseite des Stadthügels auf einer Länge von knapp 350m fassbar. In der Mitte des bekannten Verlaufs ergibt sich ein wehrtechnisch nicht erklärbarer Rücksprung (Abb.); der Mauerwinkel dürfte mit der Berücksichtigung eines älteren Temenosbereichs zu erklären sein. Am Ostende gegen die Ebene hin wurde ein Mauerhaupt und Spuren einer um dieses herumführenden Treppe nachgewiesen. Am sichtbaren Westende verhinderte der starke Baumbewuchs und der sehr schlechte Erhaltungszustand bisher eine Weiterverfolgung des Mauerverlaufs; es bieten sich mehrere Lösungen an, denen in den folgenden Grabungskampagnen (2014-15) ebenso nachgegangen wird wie der bisher ungelösten Frage nach der Lokalisierung der Tore. Als Arbeitshypothese, der auch mithilfe geophysikalischer Methoden nachgegangen werden soll, wird von einem umlaufenden, 1,5 bis 2km langen Mauerring ausgegangen, der zumindest den ganzen Stadthügel umgibt.
Die bisher erforschten Abschnitte des bis zu 6 Blockscharen hoch erhaltenen Nordmauerzuges zeigen eine 3,20m breite Schalenmauer vorwiegend aus trapezoidal, selten auch polygonal geschnittenen Blöcken des lokalen Akropoliskalksteins. Vier halbrunde und ein dreiviertelkreisförmiger Turm sind mit der Kurtine verzahnt. Die Mauerfüllung besteht aus erdigem Schutt und ist in regelmäßigen Abständen durch Kastenmauern gegliedert, die sich in den Türmen radial fortsetzen.
Am steilen Nordhang des eigentlichen Akropolishügels konnte an einer Stelle eine Mauerbreite von 5,70m mit einer massiven Steinfüllung und Wasserdurchlässen nachgewiesen werden; möglicherweise ist dieser Befund als innere Verbreiterung für einen Aufgang zur Epalxis zu interpretieren.
Durch einen Münzfund (Chalkon aus Sikyon) in einer vom Fundamentgraben der Mauer überschnittenen Schicht gelang es, einen terminus post quem für die Errichtung der Mauer von 345 BCE zu erarbeiten. Auch das Fundmaterial aus den über dem Fundamentgraben liegenden Planierschichten, die als Unterbau für eine innen an der Mauer entlangführende Wegpflasterung aus Dachziegel- und Schieferbruch dienen, ist nicht später als ans Ende des 4.Jhs. BCE zu datieren. Die archäologischen Daten legen also eine alexanderzeitliche Datierung der Mauer nahe.
Dadurch ergibt sich ein mögliches historisches Szenario für den Mauerbau im Zusammenhang mit dem von Alexander mit 3000 Talenten finanzierten „Mäusekrieg“ des Antipater gegen die mit den Spartanern verbündeten aufständischen Arkader: Nach dem makedonischen Sieg 331/330 BCE könnte das verkehrswichtige Pheneos anders als etwa Elis uns Achaia (Strafzahlungen an Megalopolis) und Tegea (Hinrichtung der Rädelsführer)nach dem Vorbild Philipps (etwa in Theben und Ambrakia) als Bestrafung eine makedonische Festung und Garnison erhalten haben. Die Kosten dafür würden nur einen Bruchteil der Kriegskasse darstellen: Nach zeitnahen Kostenvergleichen (Athen 337, Kolophon 311/306, Teos 3.Jh. BCE) war der völlige Neubau eines 1,5 bis 2km langen, 6m hohen Mauerrings mit Steinsockel und Lehmziegelaufbau mit 100-140 Talenten zu veranschlagen und damit geradezu billig im Vergleich mit den horrenden „Personalkosten“ eines Feldzuges.
e-mail: manfred.lehner@uni-graz.at
This article should be cited like this: M. Lehner - S. Tausend - K. Tausend, Die Stadtmauer von Pheneos: Der archäologische Befund, ein historisches Szenario und die Kosten des Mauerbaus, Forum Archaeologiae 70/III/2014 (http://farch.net).